Fortsetzungen sind per Definition schlechter als das Original, das weiss
auch Randy (Jamie Kennedy),
der Filmfreak aus Scream (Ausnahmen wie The
Godfather II bestätigen die Regel). Natürlich weiss Randy
aber auch, dass jeder gute (und oft auch schlechte) Horrorfilm eine Fortsetzung
kriegt, deshalb beeindruckt es ihn nur wenig, sich selbst in Scream
2, dem Sequel zu Wes
Cravens ingeniösem Vorjahresschocker, wiederzufinden. Schliesslich
weiss er, welche Regeln es zu beachten gilt: mehr Tote, raffiniertere Mordszenen,
dünnere Story und ausser Sidney, der Hauptfigur, ist jeder – er selbst
eingeschlossen – verdächtig
Seit den Geschehnissen des ersten Teils sind zwei Jahre vergangen. Sidney
(Neve Campbell) hat
die Erlebnisse von damals ziemlich gut verdaut, studiert fleissig und hat
einen neuen Freund. Doch wie nicht anders zu erwarten, wird sie von der
Vergangenheit eingeholt. Während einer Vorpremiere des Filmes “Stab”,
der auf den Mordfällen des ersten Teiles basiert, wird ein Pärchen
brutal ermordet. Der Killer ist wieder unterwegs, noch immer hat er Maske,
Messer und Telephon, und natürlich hat er es wieder auf Sidney abgesehen.
Grund genug für die übrigen Überlebenden des ersten Teiles,
an Sidneys Universität aufzutauchen und ihr zur Seite zu stehen.
Ich habe Scream 2 als Vorpremiere im Doppelpack mit dem ersten
Teil gesehen, und eigentlich sollte man sich ihn nur so zu Gemüte
führen. Der Film gewinnt ungemein, wenn der erste Teil noch präsent
ist, und das Publikum johlend mitgeht und bei besonders gelungenen Morden
applaudiert (in der Reihe vor mir trug einer sogar die echte Mördermaske).
Die Anfangsszene wurde so zu seinem Erlebnis der besonderen Art.
Es ist ein seltsame, surreale Angelegenheit, wenn man als Zuschauer einer
Vorpremiere einen Horrorfilm ansieht, in dem die Vorpremiere eines Horrorfilms
gezeigt wird. Besonders, wenn in beiden Fällen die Zuschauer ganz
ausser Rand und Band sind. Die Grenzen zwischen Film und Realität
beginnen zu verschwimmen, und man wäre nicht sonderlich überrascht,
wenn plötzlich ein Zuschauer mit einem Messer im Rücken tot zusammenbrechen
würde. Ein ganz fieser Kerl im Zuschauerraum hatte ein Pack Plastiktüten
mitgebracht, die er in besonders spannenden Momenten unter lautem Knall
zerplatzen liess, der Schockeffekt war beachtlich (Hier eröffnen sich
dem Medium Kino vollkommen neue Möglichkeiten. Vielleicht wird der
zweite Teil von Titanic nur noch in Kinos
mit Sprinkleranlage gezeigt und die Zuschauer müssen Schwimmwesten
tragen).
Wie schon im ersten Teil wimmelt es von Anspielungen und ironischen
Seitenhieben auf andere Filme. Besonders witzig ist Randy, der ausführlich
darlegt, welche Regeln ein Sequel befolgen muss, und seine Thesen in jeder
Szene bestätigt sieht. Krönung ist aber sicherlich "Stab", der
Film im Film. Im ersten Teil sagt Sidney einmal, welche Schauspielerin
sie auf keinen Fall in ihrer Rolle sehen möchte. Es spricht für
Tori Spelling, dass sie sich für diesen Miniauftritt zur Verfügung
gestellt hat.
An originellen Einfällen mangelt es Scream 2 nicht.
Der Film hätte die Voraussetzungen dazu gehabt, den ersten Teil sogar
zu übertreffen und so etwas wie der endgültige Horrorfilm zu
werden, doch leider krankt auch er an den typischen Schwächen von
Fortsetzungen. Wo nehme ich eine Mörder her, wenn der ursprüngliche
doch am Ende des ersten Teils getötet wurde? Die Story von Scream
2 ist in diesem Punkt reichlich dünn. Auch neigt Sidney neuerdings
zu ziemlich unlogischem Verhalten (auch das ist eine typische Schwäche
von Horrorfilmen). Nach einem Autounfall steckt sie neben dem bewusstlosen
Mörder im Wagen fest und muss über ihn drüber aus dem Wagen
klettern. Sie kommt nicht auf die Idee, ihm die Maske abzunehmen oder ihm
vorsorglich ein paar Hiebe zu verpassen. Die im Grunde unheimlich spannende
Szene verliert so leider ihre ganze Glaubwürdigkeit. Als sie gegen
Ende des Filmes über den Campus verfolgt wird, rennt sie nicht etwa
zum Sicherheits- dienst sondern flüchtet sich in die Aula, wo es dann
zum optisch aufwendigen Showdown kommt. Im Mittelteil des Filmes kommt
sogar ein wenig Langeweile auf, es geschieht einfach zu lange nichts. Die
Actionszenen sind zwar äusserst gekonnt inszeniert, es gibt aber ein
bisschen wenig davon. Die Regel, dass in einer Fortsetzung der Leichenberg
mindestens doppelt so hoch sein muss, befolgt Craven erstaunlicherweise
nicht.
Alles in allem gilt leider auch für Scream 2 dasselbe wie
für alle Fortsetzungen (wieder mit der Ausnahme von The Godfather
II): der erste Teil war besser. Der Film ist sehr witzig und besitzt
einige ausgezeichnete Szenen, schafft es aber nicht, als Ganzes zu überzeugen.
Auf jeden Fall sollte man sich den Film nicht ansehen, ohne vorher den
ersten Teil gesehen zu haben.
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