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Licht und Schatten
Ray von Taylor Hackford

Ray Charles’ Lebensgeschichte ist ein Stoff, wie Hollywood ihn liebt: Ein blinder, mittelloser Schwarzer kämpft sich mit Ehrgeiz und Witz nach ganz oben. Ray setzt ein, als der junge Ray – jetzt noch mit Nachnamen Robinson – den heimatlichen Hof verlässt, um sein Glück im Musikgeschäft zu machen; es folgt eine steile Karriere mit vielen Hochs und Tiefs. Ray, als Musiker und Geschäftsmann mit allen Wassern gewaschen, ist ein egoistisches Schwein, das Drogen nimmt, seine Frau betrügt und so ziemlich alle Menschen, die ihm nahe stehen, irgendwann verletzt. Doch natürlich hat auch diese Geschichte ein Happyend: Ray überwindet seine Drogensucht und findet wieder – oder vielleicht auch erstmals – zu sich selbst.

Rays Sucht hat ihren eigentlichen Ursprung in einem Kindheitstrauma: Als kleiner Junge muss er zusehen, wie sein Bruder ertrinkt; hilflos beobachtet er die Tragödie und lässt anschliessend die verzweifelten Vorwürfe der Mutter über sich ergehen. Kurz darauf verliert er sein Augenlicht und muss nun lernen, im Dunkeln durch die Welt zu kommen; seine Mutter erzieht ihn dabei zur Härte. Nur mit Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst kann ein Blinder in dieser Welt bestehen.

Grosse Männer scheinen nicht ohne handfesten Mutterkomplex auszukommen – diese Einsicht drängt sich auf, wenn man Ray mit dem ähnlich gelagerten The Aviator vergleicht. Der Drang, ein Leben, einen Menschen mittels küchenpsychologischem Kitsch zu erklären, scheint bei Drehbuchautoren weit verbreitet. Schon bei Scorseses Howard Hughes-Biographie war diese vulgärfreudianische Anwandlung ein Schwachpunkt, und in Ray wird daraus endgültig unerträglicher Schmalz; die Traumszene, in der Rays Mutter ihrem Sohn verzeiht und sich alles zum Guten wendet, gehört zum Unausstehlichsten, was momentan auf der Leinwand zu sehen ist.

Ray Charles war kein wirklich grosser Musiker, sonder vor allem ein begnadeter Entertainer mit viel Gespür fürs Publikum; Regisseur Hackford gelingt es, neben dem bekannten, immer lachenden Showman auch die weniger rühmlichen Momente im Leben Rays zu zeigen; mit Jamie Foxx, der als sicherer Oscarkandidat gehandelt wird, ist der Film auch ideal besetzt; die plumpen Kitschattacken des Drehbuchs wirken da umso ärgerlicher.

Ray in der Internet Movie Database

Ein Kommentar

  1. Die Kitschattacken und die Küchenpsychologie sind nicht wegzudiskutieren. Auch nicht, dass Ray Charles weniger als Musiker sondern mehr als Entertainer seine Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen hat (wie aber auch Frank Sinatra, Dean Martin, Bing Crosby, Perry Como und all die anderen Crooner dieser Ära). Aber es gibt auch Positives über den Film zu berichten, nämlich dass man Gelegenheit hat Charles’ Musik und Musikalität neu zu entdecken. Das Jamie Foxx Erstaunliches leistet und dass man eine ungefähre Ahnung von den Schlüsselmomenten seiner Biografie bekommt – auch wenn die Details nicht immer ganz korrekt sind. Alles in allem wird man gut unterhalten und kann doch auch mal über die eine oder andere – durchaus ärgerliche – Hollywood-Konvention hinwegesehen.

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