Während die USA aus dem Irak abziehen, macht sich Hollywood an die filmische Nachbearbeitung. The Hurt Locker ist ein Film über ein amerikanisches Bombenentschärfungsteam, und es ist die Rückkehr von Regisseurin Kathryn Bigelow.
Bigelow war die filmische Ausnahmeerscheinung der neunziger Jahre: Mit Filmen wie Point Break (1991) und Strange Days (1995) setzte sie im männerdominierten Actiongenre Akzente. Sie führte vor, dass so etwas wie «intelligente Action» durchaus möglich ist – und dass auch eine Frau harte Männer inszenieren kann. Nach der Jahrtausendwende wurde es dann ruhig um die Actionfrau: The Weight of Water kam hierzulande gar nie in die Kinos, das U-Boot-Drama K-19 mit Harrison Ford war ein veritabler Flop.
Ob The Hurt Locker nun Bigelows Comeback einläuten wird, darf allerdings bezweifelt, auch wenn sie in diesem Film einmal mehr ihre formale Brillanz unter Beweis stellt. Keine Frage: Visuell ist sie noch immer eine Könnerin. Und auch das Inszenieren von Männlichkeitsritualen beherrscht sie nach wie vor. Von diesen gibt es in The Hurt Locker mehr als genug, denn der ganze Film dreht sich einzig um das Team Bravo, einer Spezialeinheit zum Entschärfen von Bomben.
Krieg sei eine Droge, verkündet ein Zitat zu Beginn des Films; The Hurt Locker ist ein Film über diese Droge, über den Kick, den Leute wie die Hauptfigur William (Jeremy Renner) erleben, wenn sie sich in Todesgefahr begeben. William stösst zu Beginn zum Team Bravo und macht schnell klar, dass er von Vorschriften nichts hält. William ist ein Draufgänger, ein Verrückter, einer der Bigelow-Machos, die sich nur in Todesgefahr wirklich lebendig fühlen.
38 Tage dauert es noch, bis das Team abgelöst wird, und dieser Zeitraum liefert den Countdown, der den Film strukturiert. Was The Hurt Locker von früheren Filmen Bigelows unterscheidet – und was ihn zum Kriegsfilm und nicht zum Actionfilm macht –, ist das Fehlen einer eigentlichen Handlung. William muss Konflikte mit seinen Kameraden austragen, es gibt gefährliche Einsätze zu bestehen, aber im Grunde sehen wir nur Kriegsalltag – bis zur Ablösung.
Die Weigerung, das Unfassbare des Kriegs in einen klassischen Plot zu packen, zeugt von Aufrichtigkeit und unterstreicht Bigelows Absicht, das Seelenleben ihrer Figuren in den Vordergrund zu rücken. Und es passt auch in dieses Konzept, dass einem William nie wirklich sympathisch wird. Aber trotz einzelner packender Szenen will der Funke nie recht überspringen, und die Faszination der Gefahr, die William am Ende sogar dazu bringt, für ein weiteres Jahr in den Krieg zu ziehen, bleibt dem Zuschauer letztlich doch ziemlich fremd.
Erschienen auf cineman.chThe Hurt Locker in der Internet Movie Database
Dieser Film war sehr packend, vor allem war er aber sehr beengend. Die psychischen Strapazen stehen im Vordergrund, und es verwundert eigentlich, dass nicht noch viel mehr psychisch Geschädigte aus einem solchen Krieg hervorgehen.
Für mich ein sehr eindrücklicher und beklemmender Film.