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Die Verschwörung der Langweiler
The Da Vinci Code von Ron Howard

Nach einem gnadenlosen Hype, inklusive Plagiatsprozess und kirchlichem Boykottaufruf, ist sie nun also endlich da, Ron Howards Verfilmung von Dan Browns Verschwörungsreisser The Da Vinci Code. – Robert Langdon (Tom Hanks), ein angesehener Symbologe – ein Wissenschaftszweig, den Brown für sein Buch flugs erfunden hat –, wird in den Louvre bestellt, wo die Leiche des Kurators gefunden wurde, angeordnet wie Leonardos berühmter Vitruvmann, auf der Brust ein Pentagramm. Noch ehe sich der eher lethargische Langdon einen Reim auf die Sache machen kann, befindet er sich mit der jungen Polizistin Neveu (Audrey Tatou) auf der Flucht respektive – wie sich bald herausstellen wird – auf der Suche, der Suche nach dem heiligen Gral. Langdon ist ahnungslos in einen jahrhundertealten Krieg zweier Geheimbünde getappt, auf dem Spiel steht nicht weniger als die Wahrheit über Jesus.

Brown vermischt in seinem Roman fröhlich historische Fakten mit allerlei abgestandenen Verschwörungstheorien, garniert mit viel Fremdenführermaterial für Parisreisende. Alles wird immer schön erklärt, wichtige Begriffe sind für Schnellleser sogar kursiv gedruckt, und jedes Kapitel endet mit einem Cliffhanger, damit man auch garantiert weiterliest. Spannender Ramsch, den man in wenigen Tagen hinter sich gebracht hat. Regisseur Howard bleibt der Vorlage insofern treu, als er Browns schulmeisterlichen Duktus vollständig übernimmt. Da Vinci Code ist in erster Linie ein Film über dozierende Männer, denen Tatou mit grossen Augen zuhören darf. Ein belehrender Exkurs folgt auf den nächsten und wird meist noch mit redundanten Rückblenden und tricktechnischen Mätzchen belegt. Auf diese Weise werden die Rätsel, die die Gralsuchenden lösen müssen – und mit ihnen jegliche Atmosphäre – regelrecht zerredet.

Tom Hanks und Audrey Tatou

Tom Hanks und Audrey Tatou auf der Flucht

Zwischen den pseudogelehrten Vorträgen gibt es zwar auch Action, Spannung will aber nie aufkommen. Der Film findet nie zu seinem Rhythmus, sondern hetzt lediglich die Stationen des Romans ab, schliesslich müssen alle wichtigen Episoden der Vorlage enthalten sein: Louvre – abgehakt, weiter, Schweizer Bank – ebenfalls erledigt, schnell zum nächsten Schauplatz. Ein lebloses Drehbuch, das von Howard auch noch schlecht umgesetzt wurde, zahlreiche Szenen sind handwerklich miserabel gemacht und zeugen von mangelndem Gefühl für erzählerischen Fluss. Browns Roman war wenigstens spannend – wenn auch auf eine recht mechanische Art und Weise –, man wollte wissen, wie die Geschichte weitergeht. Howards Film dagegen ist ein lebloses Filmgerüst, in dem die Schauspieler ratlos rumturnen. Tom Hanks gibt die intellektuelle Version von Indiana Jones als stirnrunzelnden Langweiler, Tatou macht grosse Augen, und Jean Reno, der den zwielichtigen Polizeikommissars mimt, soll aus irgendeinem Grund gehetzt wirken. Selbst Paul Bettany als mordender Opus-Dei-Mönch ist trotz ausführlicher masochistischer Einlagen wenig eindrücklich. Der einzige Lichtblick ist Ian McKellen in der Rolle des spleenigen Gralsexperten Teabing; mit ihm kommt Leben auf die Leinwand, das ist eine Figur, der man sogar gerne beim Dozieren zusieht. Ein McKellen allein – so ganz ohne Hobbits oder X-Men – rettet aber noch keinen Film.

In Sachen Geheimniskrämerei übertraf man bei Da Vinci Code jeden Geheimbund, die Presse durfte den Film erst einen Tag vor der Weltpremiere in Cannes sehen. Begründet wurde dieses Theater mit Sicherheitsbedenken, Angst vor schlechten Kritiken dürfte wohl näher an der Wahrheit sein.

Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 18. 5. 2006

The Da Vinci Code in der Internet Movie Database

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