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Italienischer Familienroman
Il più bel giorno della mia vita von Cristina Comencini

Scheinbar traut vereint sitzt die Familie am festlich gedeckten Tisch; unter dem Vorsitz der verwitweten Grossmutter (Virna Lisi) geniessen drei Generationen das reichliche Mahl. Doch natürlich trügt der schöne Schein, unter der Oberfläche brodelt es ganz gehörig. Keiner der Anwesenden ist wirklich glücklich, in allen Beziehungen herrscht Krisenstimmung: Die alleinstehende Sara (Margherita Buy) kommt mit ihrem Sohn nicht zu Rande, in der Ehe von Rita (Sandra Ceccarelli) und Carlo (Marco Baliani) stehen die Zeichen ebenfalls auf Sturm, und Claudio, der seiner Mutter nie gesagt hat, dass er schwul ist, muss erst einmal verdauen, dass sein Freund ebenfalls zum Essen erschienen ist. Nur die Nonna scheint von alledem nichts zu merken und giesst mit einer reichlich unüberlegten Predigt über Liebe, Treue und Sexualität noch zusätzlich Öl ins Feuer.

Diese Szene am Ende des ersten Drittels von Il più bel giorno della mia vita ist ein kleines Meisterstück und zeigt die Stärken von Regisseurin Cristina Comencini: Der Film hat bereits zu diesem Zeitpunkt das äusserst komplizierte Beziehungsgeflecht seiner Protagonisten aufgefächert, und in der vertrackten Konstellation wird jedes noch so arglose Wort zum schmerzhaften Messerstich.
In Comencinis Film geht es mal wieder um die ewigen Mysterien von Liebe und Leidenschaft: Grossmutter Irene hat nie erfüllte Sexualität erlebt, Rita kann nicht mehr mit ihrem Mann schlafen und begehrt stattdessen einen anderen, derweilen ihre ältere Tochter gerade die ersten sexuellen Erfahrungen sammelt. Beobachtet wird dieses Beziehungschaos von der kleinen Chiara, die als kindlich-scharfsinnige Kommentatorin fungiert.

All diese amourösen Komplikationen werden in schnellen, oft nur kurz angeschnittenen Szenen erzählt; der Film schlägt fast ein forsches Tempo an und entgeht dadurch weitgehend der Gefahr, in melodramatischem Kitsch zu versinken. Liebenswerte Figuren, die man unweigerlich ins Herz schliesst, und ein feiner Humor verstärken diesen Effekt noch zusätzlich.

So souverän der Film seine Geschichte über weite Strecken hinweg aber erzählt, restlos geglückt ist er leider nicht. Comencini scheint sich zum Ziel gesetzt zu haben, alle, aber wirklich restlos alle Varianten und Auswüchse menschlicher Liebe abzuhandeln. Der Komplikationen und Querverbindungen sind da gar viele. Nicht nur paaren sich die Hunde symbolträchtig, Sara muss auch noch ausgerechnet mit einem Unbekannten eine Telephonbeziehung anfangen, der wegen Mordversuchs an seiner Frau angeklagt ist; sein Verteidiger vor Gericht ist niemand anders als Saras Bruder Claudio. Das wirkt dann doch ein wenig zu konstruiert und wäre vor allem gar nicht nötig gewesen.

Die Geschehnisse kulminieren an Chiaras Erstkommunion. Am grossen Tag der Kleinen kommt endgültig zusammen, was zusammen gehört, und trennt sich, was nicht mehr miteinander leben kann. Chiara protokolliert alles mit der neuen Videokamera und agiert somit als Stellvertreterin der Regisseurin. Dank der Natürlichkeit der jungen Maria Luisa de Crescenzo sind zwar auch diese Szenen sehr charmant ausgefallen, der ganze Einfall ist aber ein bisschen zu offensichtlich und prätentiös. Mit ein bisschen mehr Bescheidenheit hätte aus Il più bel giorno della mia vita ein wunderbarer kleiner Film werden können, aber allzu klein durfte es anscheinend nicht werden.

Il più bel giorno della mia vita in der Internet Movie Database

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