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Unheimliches Eigenheim
Paranormal Activity von Oren Peli

Es ist eine der Geschichten, wie Hollywood sie liebt: ein in Sachen Film völlig Unerfahrener dreht mit einfachsten Mitteln und minimalem Budget einen Film und landet einen 100-Millionen-Dollar-Erfolg. Paranormal Activity von Oren Peli hat gute Aussichten als der Film mit der besten Rendite in die Geschichte einzugehen und wird bereits als Triumph der Youtube-Generation gefeiert.

Noch lachen alle …

Noch lachen alle …

In vielerlei Hinsicht ist der Erstlingsfilm von Oren Peli eine Neuauflage von The Blair Witch Project aus dem Jahre 1999: Beide Filme geben sich als found footage aus, tun also so, als seien sie gefundenes Filmmaterial, auf dem reale Ereignisse festgehalten sind. Damals wie heute sind die Protagonisten filmend dem Übernatürlichen auf der Spur, und auch bei Paranormal Activity wurde das Internet geschickt genutzt, um einen Film zu lancieren, der eigentlich bereits 2007 an einem Horror-Filmfestival Premiere hatte.

Glaubt man den Aussagen von Peli, ist sein Film eine Art Selbstexorzismus: Angeblich fürchtet sich der frischgebackene Erfolgsregisseur seit seiner Kindheit vor Gespenstern. Was ihn aber schliesslich auf die Idee für das Drehbuch zu Paranormal Activity gebracht hat, waren die seltsamen Geräusche, die er und seine damalige Freundin in ihrem frisch bezogenen Haus hörten. Diese rührten zwar von der Eismaschine des Kühlschranks her, doch die Ausgangslage für die Filmhandlung war gegeben. Peli, der bis dahin als Designer von Computerspielen sein Geld verdient hatte, kaufte sich eine Videokamera, richtete sein Eigenheim her und suchte zwei Schauspieler, mit denen er dann in sieben Tagen den Film drehte.

Unruhige Nächte

Unruhige Nächte

Wie seinerzeit Peli fühlen sich auch seine beiden Hauptfiguren Katie und Micah in ihrem neuen Haus nicht wohl; Katie hat seit Jahren das Gefühl, von etwas verfolgt zu werden, und dieses Etwas scheint nun besonders aktiv. Micah, ganz der Selfmademan, will wissen, was hinter der Sache steckt, und film fortan, was sich im nicht so trauten Heim abspielt. Vor allem des Nachts läuft die Kamera ununterbrochen, und was wir zu sehen kriegen, ist ein Zusammenschnitt dieser Aufnahmen.

Paranormal Activity muss ohne bekannte Gesichter und ohne Schauwerte oder Spezialeffekte auskommen, setzt dafür aber ganz auf Authentizität: Nicht nur wurde in Pelis Haus gedreht, die beiden Schauspieler Katie Featherston und Micah Sloat tragen auch im Film ihre echten Vornamen und sprechen ihre eigenen Dialoge. Das Drehbuch gab nur grobe Szenenangaben vor, alles Weitere wurde in Improvisation entwickelt.

Wie es die Regeln des Genres verlangen, steigern sich die unheimlichen Vorkommnisse stetig; anfangs sind nur seltsame Geräusche zu hören, dann bewegen sich Türen – bis zum bitteren Ende. Peli hat die im Grunde minimale Handlung dramaturgisch durchaus geschickt aufgebaut, allerdings wollte sich das Gruseln zumindest beim Schreibenden nie so recht einstellen. Vielmehr führt die Grundbehauptung, dass wir als Zuschauer nur found footage sehen, zu einigen Problemen: Wenn sich Katie und Micah streiten, wirkt es wenig plausibel, dass stets die Kamera mitläuft; auch im Zeitalter von Big Brother und Youtube filmen wohl die wenigsten Paare jeden ihrer emotionalen Ausbrüche. Hier hätte man sich ein bisschen mehr Mut zur Lücke gewünscht.

Peli hat seine knappen Ressourcen mehr als effizient eingesetzt, Paranormal Activity ist aber sicher nicht der unheimlichste Film aller Zeiten, zu dem ihn ein übereifriger Kritiker bereits erklärt hat.

Erschienen in der Basler Zeitung vom 21. November 2009.

Paranormal Activity in der Internet Movie Database

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