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Fische sind Freunde
Finding Nemo von Andrew Stanton und Lee Unkrich

Acht Jahre ist es her, da erschien mit Toy Story der erste vollständig am Computer animierte abendfüllende Zeichentrickfilm. Die Skepsis war gross: Liessen sich die strenge Logik der Bits und Bytes mit der Anarchie eines traditionellen Animationsfilms kombinieren? Die Bedenken erwiesen sich als unbegründet, dank Geniestreichen wie Shrek oder Monsters Inc. hat sich die digitale Animation fest im Markt etabliert.

Mit Finding Nemo schliesst sich der Kreis nun gewissermassen: Der Film aus der digitalen Filmschmiede Pixar, die mit Toy Story seinerzeit Pionierarbeit geleistet hat, ist schon jetzt der kommerziell erfolgreichste Animationsfilm aller Zeiten. In den USA wurde der Film als Sommer-Blockbuster lanciert, bei uns erscheint Finding Nemo nun rechtzeitig für die Weihnachtssaison.

Das Meer ist eine unbarmherzige Welt. Der Clownfisch Marlin weiss das und hütet deshalb seinen einzigen Sohn Nemo wie einen Augapfel, schliesslich sind dessen Brüder noch im Ei-Stadium einer brutalen Hai-Attacke zum Opfer gefallen. Doch Nemo hat die ständige Bemutterung satt und nutzt den ersten Schultag – denn auch Fische müssen die Schulbank drücken – gleich, um sich ein wenig zu weit von seinem vertrauten Territorium zu entfernen. Die Strafe folgt auf den Fuss: Der Aufmüpfige wird von einem Taucher gefangen und landet umgehend im Aquarium eines Sydneyer Zahnarztes. Für Vater Marlin gibt’s angesichts dieser Tragödie nur eines: Hinterher! Koste es, was es wolle.

Auf seiner Odyssee trifft Marlin auf so allerlei seltsame Gestalten. Schon bald gesellt sich der obligatorische Sidekick hinzu. Die charmante Blaufischdame Dory hat allerdings das kleine Handicap an Kurzzeitgedächtnisverlust zu leiden, was die Kommunikation nicht gerade vereinfacht. Daneben gibt es coole Schildkröten, gefährliche Quallen und manch anderes bedrohliches Untier. Komischer Höhepunkt sind drei Haie, die sich in einer Selbsthilfegruppe zusammengetan haben, um ihrem grossen Laster, dem Fisch-Kannibalismus, abzuschwören. „Fishes are friends, not food.”

Während Vater-Fisch aller Unbill des Ozeans trotzt, übt sich Sohn-Fisch als Ausbrecher. Gemeinsam mit seinen Mitgefangenen versucht er verzweifelt, der Enge des Aquariums zu entkommen. Finding Nemo folgt ganz der alten Disney-Regel, dass Zeichentrickfilme in erster Linie über witzige, liebenswerte Figuren funktionieren. Die Gefangenengemeinschaft ist eine einzige Ansammlung skurriler Charaktere, die man als Zuschauer sofort ins Herz schliesst. Dabei sind Fische für Animationsfilme eine tückische Angelegenheit, denn sie sind nur schwierig zu vermenschlichen, besitzen weder Arme, noch Augenbrauen, Nase oder Ohren, sind kalte, glitschige Tiere. Bei Pixar hat man mittlerweile aber eine so hohe Meisterschaft erreicht, dass diese Probleme spielend gemeistert werden. Die Hauptfiguren sind alle zum Knuddeln, und wenn am Ende Vater und Sohn glücklich wiedervereint sind, geht ein wohliger Seufzer durchs Publikum.

Die Frage, ob die digitale Animation der althergebrachten Technik das Wasser reichen kann, ist längst überholt. Der Computer ist zum normalen Werkzeug geworden, entscheidend ist nur noch, wie die Zeichner damit umzugehen wissen. Und diesbezüglich lässt Finding Nemo keine Wünsche offen. Visuell ist der Film ein Augenschmaus; die Anfangsszene auf dem heimischen Korallenriff ist eine wahre Farbensymphonie, und später gibt’s rasante Verfolgungsjagden und eine atemberaubende Rutschpartie durch die Kanalisation.

Und was schon die früheren Pixar-Filme ausgezeichnet hat, gilt auch für die neueste Produktion: Finding Nemo ist beileibe kein reiner Kinderfilm, sondern strapaziert auch das Zwerchfell erwachsener Zuschauer. Viele der Wortwitze und Anspielungen richten sich eindeutig an ein erwachsenes Publikum. Dem Film gelingt der Spagat, die verschiedensten Altersschichten gleichzeitig anzusprechen. Einziger Wermutstropfen: Auf die urkomischen „missglückten” Szenen im Abspann hat man dieses mal leider verzichtet.

Finding Nemo in
der Internet Movie Database

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