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Der doppelte Excorcist
Exorcist: The Beginning von Renny Harlin

Am Anfang stand die Idee, aus William Friedkins klassischem Leinwandschocker The Exorcist noch ein wenig Geld zu melken; da Fortsetzungen keinen besonders guten Ruf geniessen, ist man in Hollywood mittlerweile darauf gekommen, Prequels zu drehen, also die Geschichte vor dem Film. Im Falle des Exorzisten heisst das, dass wir erfahren, wie Teufelsaustreiber Vater Merrin zu seinem Gewerbe gefunden hat; kurz: Der Film von 2004 hat mit dem Original so gut wie nichts gemeinsam.

Für die Regie hatte man ursprünglich an den Veteranen John Frankenheimer gedacht, der sagte allerdings kurz vor Drehbeginn ab und verstarb einen Monat später. Stattdessen wurde Paul Schrader engagiert – ebenfalls ein altgedienter Filmemacher, der in seinen eigenen Filmen oder als Drehbuchautor von Martin Scorsese mit Vorliebe Fragen des Glaubens und die unterschiedlichsten Formen der Besessenheit verhandelt. Für einen Film über Teufelsaustreibung ist Schrader, der sich mehr für die Abgründe der menschlichen Seele als für laute Schockeffekte interessiert, keine offensichtliche, aber sicher eine interessante Wahl.

Der Film, den Schrader ablieferte, fand aber so wenig Gefallen, dass kurzerhand ein neuer Regisseur engagiert wurde; Renny Harlin, seinerseits verantwortlich für filmische Tiefpunkte wie das Stallone-Debakel Driven oder den Piratenfilm Cutthroat Island, sollte für die richtige Menge Blut sorgen und Schraders psychologischen Horror in eine publikumstauglichere Form bringen. Harlin war nicht faul und drehte über 90% des Filmes neu, von Schraders Fassung blieben lediglich ein paar Schnipsel übrig.

Und wozu nun all der Aufwand? Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wird in Kenia eine vergrabene katholische Kirche entdeckt, in einer Region, in der das Christentum erst mehrere hundert Jahre später Fuss fasste. Lankester Merrin (Stellan Skarsgård), ein Pfarrer, der angesichts der Greuel der Nazis seinen Glauben verloren hat, erhält von dubiosen Geldgebern den Auftrag, eine Figur, die in der Kirche vermutet wird, zu beschaffen.

Was das Publikum sofort weiss, wofür der ungläubige Merrin aber ein bisschen länger braucht: Die Kirche wurde mit gutem Grund vergraben, und wer sie betritt, sollte vorher besser sein letztes Gebet sprechen. Schon bald geschehen manch grausige Dinge vor Ort, ein kleines Kind wird von Hyänen zerfleischt, der Chefarchäologe bringt sich um, und die Eingeborenen werden immer unruhiger. Exorcist bringt die üblichen Horrorzutaten, dieses mal noch mit ein bisschen englischem Kolonialismus und Holocaustgrauen angereichert.

Das grosse Problem: Friedkins Film war zu Beginn der Siebziger eine Neuerung, weil er das Gruselgenre vom modrigen Mief düsterer Schlösser befreite und die Geschichte – ähnlich wie fünf Jahre früher Roman Polanski in Rosemary’s Baby – in einem ganz naturalistischen und im wahrsten Sinne des Wortes familiären Hier und Jetzt ansiedelte. In Exorcist: The Beginning sind wir in exotischeren Gefilden und dies ist der unheimlichen Wirkung eher abträglich, besonders da Harlin das ohnehin nicht sonderlich originelle Drehbuch denkbar uninspiriert inszeniert.

Dass Merrin wieder zu seinem Glauben finden und den Teufel besiegen wird, ist ohnehin klar, und schlecht animierte digitale Hyänen und literweise Blut machen das Geschehen nicht spannender. Exorcist: The Beginning ist ein ideenloser Abklatsch des Urfilms und macht vor allem auf Schraders Fassung neugierig, die demnächst gemeinsam mit Harlins Film auf DVD erscheinen soll.

Exorcist: The Beginning in der Internet Movie Database

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