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Melancholischer Reigen
Entre adultes von Stéphane Brizé

«Könnte nicht alles etwas einfacher sein?» – Der letzte Satz, gesprochen von Patrick, einer der wenigen Figuren, die in diesem Film niemanden betrügt, bringt es auf den Punkt: die Schwierigkeit mit der scheinbar einfachsten Sache der Welt, der Liebe.

Zwölf Gespräche, zwölf Zweierbeziehungen, die alle irgendwie nicht funktionieren. Christian wird von seiner Frau der Untreue verdächtigt. Zu Recht, doch ist sie, die Langzeitarbeitslose, ihm in jeder Beziehung unterlegen und entschuldigt sich, nachdem er sie rhetorisch eingekreist und vorgeführt hat, sogar unter Tränen bei ihm. Und in der nächsten Szene muss sie die nächste Demütigung erleben, als sie beim Vorstellungsgespräch von Philippe dazu gezwungen wird, sich zu entblössen. Philippe, der anschliessend von der Prostituierten Louise einen Korb kriegen wird … Zwölf Paarbegegnungen reiht Stéphane Brizé in Entre adultes hintereinander; in jeder kommt eine Figur der letzten Szene vor und eine neue taucht auf, bis am Schluss Camille, die in der ersten Szene ein Schäferstündchen mit Christian hatte, den Reigen wieder schliesst.

Brizé hat einen «sehr französischen» Film gedreht, in dem nur über die Liebe – oder vielmehr das Scheitern derselben – gesprochen wird. Entstanden ist Entre adultes im Rahmen eines Schauspielworkshops, gewissermassen als Entspannungsübung vor dem Dreh zu Je ne suis pas là pour être aimé, der bereits im Kino zu sehen war: Dem Regisseur standen zwölf Schauspieler und zehn Tage zur Verfügung, und so schrieb er ein Drehbuch, das jedem der Beteiligten gleich viel Leinwandzeit garantieren würde. Offensichtlich von Arthur Schnitzlers Theaterstück Der Reigen inspiriert, wirft sein Film einen unsentimentalen Blick auf die Schwierigkeiten des Zwischenmenschlichen. Glücklich verliebt ist hier niemand, alle scheinen sich zu verpassen, nicht mehr oder nicht genug verliebt zu sein, doch die meisten halten zumindest den Anschein aufrecht. Die leidenschaftlichste Liebeserklärung des Films entpuppt sich im Nachhinein als bezahltes Theater.

Das mag sich in der Zusammenfassung rabenschwarz anhören, doch trotz aller Melancholie durchweht Entre adultes ein feiner, bitter-süsser Humor, und die hervorragenden, allesamt unbekannten Schauspielern lassen einen auch die künstliche Anlage des Filmes vergessen. Ein kleiner, unprätentiöser Film, der sich im Gedächtnis festhakt.

Erschienen auf cineman.ch

Entre adultes in der Internet Movie Database

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